"Dies ist das Glück des Nomaden: wer unterwegs ist, der verwurzelt sich bei jedem neuen Schritt. Er hat seinen Platz immer dort, wo er sich gerade befindet. Er frischt die Liebe auf, indem er sich bewegt."
Drukpa Rinpoche
Zuhause sein.
Fast jeder Mensch fühlt sich irgendwo zuhause, dort wo er
das Gefühl hat hinzugehören, eine Heimat. Wo er sich fallen lassen kann, wo er ankommt und
sich geborgen fühlt. Ich denke schon immer darüber nach: „Habe ich einen Ort,
an dem ich zuhause bin?“
Nein, irgendwie habe ich den nicht. Lange fühlte ich mich in
der Beziehung verloren. Seit meinem sechsten Lebensjahr bin ich neun Mal
umgezogen, in andere Städte, Häuser und Wohnungen. Ich bin nach Krefeld
gezogen, als ich in der zweiten Klasse war, ich war zuerst eine Außenseiterin,
weil sich die ersten Freundschaften schon gefestigt hatten, ich kam aus einer
anderen Stadt, irgendwann gehörte ich dazu, doch so ganz auch nicht. Daraufhin
kam ich in die weiterführende Schule, langsam lebte ich mich in meine neue
Heimat ein, doch dann zogen wir wieder in eine andere Stadt, ich blieb zwar auf
der Schule, aber ich konnte nicht zu meinen Freunden mit dem Fahrrad fahren oder
zu Fuß laufen, meine Mutter fuhr mich zwar immer zu meinen Freunden, aber es
war nicht das Gleiche. Ich gehörte nie komplett in eine Stadt, konnte keine
richtige Heimat finden. Ich pendelte schon als Kind und Jugendliche viel
zwischen Düsseldorf, Köln, Meerbusch, Krefeld, dem Ruhrpott und Mönchengladbach
hin und her. Als ich aber 17 war und ich endlich alleine wohnen durfte,
entschied ich mich, wieder in Krefeld zu bleiben, auch wenn ich nie den
Heimatbezug zu einem Ort hatte, waren dort meine meisten Freunde.
Seit dem bin ich geblieben. Insgesamt hatte ich nun schon
vier verschiedene Wohnungen, in denen ich ohne Elternteil lebte und lebe.
Dadurch, dass ich immer schon viel rumgereist bin, meine
meisten Freunde sich in allen Städten NRW’s befanden, habe ich irgendwann nicht
mehr das Problem gehabt, loszulassen. Eine spezifische Heimat, in der ich mich
wortwörtlich „heimisch“ fühle, aus der ich komme, habe ich nicht. Doch schlecht
finde ich dieses Gefühl nicht. Früher wollte ich das immer haben, dieses Gefühl
irgendwohin zu gehören, doch mittlerweile bin ich glücklich, an keinen Ort der
Welt zu stark emotional gebunden zu sein. Ich fühle mich auf der ganzen Welt zu
Hause. Ich kann jede Stadt genießen, mich wohlfühlen, ich habe gelernt dies als
ein Gefühl der Freiheit zu empfinden.
Doch es gibt auch Städte, wie Köln und Düsseldorf, bei denen
mein Herz warm wird, sich besonders wohl fühlt. Ich glaube irgendwie fühlen sie
sich wohl wie Heimat an, obwohl ich dort im Kern nie gewohnt, aber viel und
stark gelebt und gefühlt habe. Ich verbinde Gefühle und Erinnerungen mit ihnen.
Das ist Heimat für mich, Krefeld ist meine Westentasche.
Es gibt auch kein Haus oder Wohnung, bei der ich mich
zuhause fühlte, immer wenn ich dieses Gefühl bekam, zogen wir aus, die
Erinnerungen wurden überschattet von neuen Eingangstüren oder Sanierungen, die
Häuser und Wohnungen sehen nicht mehr so aus, es sind entfernte Erinnerungen.
Mittlerweile wohne ich seit fast 3 Jahren in meiner derzeitigen Wohnung, so
lange wie ich seit meiner frühsten Jugend nicht mehr irgendwo gelebt habe.
Meine Wohnung ist immer eine kleine Baustelle, sie ist immer
noch nicht fertig, ich denke ich mache mir diese Mühe nicht, weil ich mir nie
sicher bin, ob ich nicht in 3 Monaten wieder umziehe. Irgendwie fühle ich mich
rastlos, aber das ist überhaupt nicht negativ gemeint.
Durch meinen Hund hat sich aber das Gefühl eines Zuhauses
mehr gefestigt. Mein Park, meine Straße, die Haltestelle, das fühlt sich
irgendwie immer mehr nach zuhause an. Bevor ich Mann und Kinder habe, und mein
eigenes Haus gekauft oder gebaut habe, werde ich glaube ich aber niemals
irgendwo einen Anker setzen, und das ist irgendwie schön. Ich liebe es
rumzukommen, ich wäre wahrscheinlich eine super Nomadin, und irgendwie fühle
ich mich auch so. In der ganzen Welt zuhause, aber an keinen Ort, kein Haus
gebunden.
Ich habe gelernt loszulassen, mich nicht schmerzlich an
Erinnerungen zu klammern, zu gehen und die Momente zu lieben. Was mich in
meiner Kindheit und Jugend traurig gemacht hat, macht mich heute glücklich.
Heute habe ich mit 23 meinen eigenen Wohlfühlort gefunden,
den mir niemand mehr nehmen kann. Und das bin ich selbst.
Es ist nicht wichtig einen Ort oder ein Haus zu haben, es
ist wichtig, dass du selbst deine eigene Heimat, dein eigenes Zuhause bist.